Modellzweck

Das Modell beschreibt die raum-zeitliche Dynamik gelöster und fester Stoffe im oberflächennahen Sediment. Es erlaubt u.a. die Quantifizierung der Phosphor-Rücklösung in Abhängigkeit von der NO3--Konzentration des Wasserkörpers.

Methode

Wesentliche Prozesse des Stoffumsatzes und -transports im oberflächennahen Sediment werden mit Hilfe partieller Differentialgleichungen (PDE) beschrieben. Hierfür wird das Sediment vertikal in Schichten gegliedert. Die Diskretisierung erlaubt es, die PDE mit Hilfe eines Lösers für gewöhnliche Differentialgleichungen (ODE) numerisch zu integrieren.

Bio-geo-chemische Prozesse

  • Mineralisierung leicht und schwer abbaubarer organischer Substanz
  • Verbrauch von O2, NO3- und weiteren Oxidationsmitteln
  • Sekundäre Redoxreaktionen
  • Ammonium-Sorption und Immobilisierung von Phosphor

Transportprozesse

  • Sedimentwachstum (abwärts gerichtete Advektion)
  • Porenwasserströmung (Richtung variabel)
  • Molekulare Diffusion
  • Bioturbation und Bioirrigation
Schema

Das Simulationsmodell wurde aus Gründen der rechentechnischen Effizienz in R/Fortran implementiert. Der Fortran-Code wird automatisch mit Hilfe des R-Pakets 'rodeo' generiert. Das R-Paket 'deSolve' stellt die Differentialgleichungslöser zur Verfügung, inkl. spezialisierter Methoden zur effizienten Schätzung der Jacobimatrix für 1-dimensionale PDE-basierte Modelle.

Parameterschätzung und Modellstruktur

Aufgrund der Vielzahl potentiell wirksamer Prozesse, der großen Zahl von Modellparametern sowie der begrenzten Menge an Messdaten, sind bio-geo-chemische Modelle schwer zu kalibrieren bzw. validieren. Eine gute Übereinstimmung von Modellergebnissen und Messdaten ist zwar ein notwendiges Kriterium für die Plausibilität eines Modells, jedoch kein hinreichender Nachweis.

Das Modell wurde im Wesentlichen anhand gemessener Porenwasserprofile aus den Berliner Havelseen kalibriert, welche durch Kollegen der BTU erhoben wurden. Parametersets mit einem geringen Gesamtfehler wurden mittels Monte-Carlo Methoden identifiziert. Der Gesamtfehler quantifiziert die Abweichung zwischen Modell und Messung summarisch für alle verfügbaren Komponenten (Stoffe), Zeiten und Tiefen.

Hier werden lediglich Ergebnisse für eine von mehreren getesteten Modellstrukturen dargestellt. Diese unterstellt, dass das obere Sediment durch Chironomiden besiedelt ist und Porenwasserströmungen aufgrund schwankender Grundwasserstände von untergeordneter Bedeutung sind.

Kerne

Unsicherheiten

Die Ergebnisse von Simulationsmodellen sind stets mit Unsicherheiten behaftet. Dies trifft insbesondere für bio-geo-chemische Modelle zu. Einige wesentliche Faktoren die zur Unsicherheit beitragen, sind unten aufgeführt.

Prozesse Im Sediment laufen zahlreiche mikrobielle und chemische Umsatzprozesse simultan und in enger räumlicher Nachbarschaft ab. Über die quantitative Bedeutung und die Reaktionskinetik einzelner Prozesse ist oft wenig bekannt.
Parameter Die Modellgleichungen enthalten zahlreiche Parameter. Eine Übernahme von Werten aus älteren Studien - zumeist an anderen Gewässern - ist nur bedingt möglich. Eine Kalibrierung liefert lediglich Schätzwerte mit nicht zu vernachlässigender Unsicherheit.
Externe Einflüsse Stoffumsatz und -transport werden durch zahlreiche externe Faktoren gesteuert. Dazu zählen etwa die Sedimentation von Partikeln, die Konzentrationen gelöster Stoffe im Wasserkörper, die Resuspension durch Wind oder Wellen sowie Wechselwirkungen zwischen Grund- und Oberflächenwasser. Die Dynamik der externen Einflussfaktoren kann lediglich aus wenigen Messungen abgeschätzt werden.
Räumliche Heterogenität Durch die Aktivität des Zoobenthos, die geologische Struktur des Untergrundes, sowie die Morphologie des Gewässers weisen Sedimente eine beachtliche laterale Heterogenität auf. Ein vertikal 1-dimensionales Modell bildet lediglich vertikale, jedoch keine lateralen Gradienten ab.

Danksagung

Die für die Modellierung verwendeten Antriebs- und Vergleichsdaten wurden durch Projektparter und Landesbehörden bereitgestellt. Besonderer Dank gebührt

  • dem Lehrstuhl Gewässerschutz der BTU Cottbus-Senftenberg, insb. Björn Grüneberg
  • der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
  • dem Landesamt für Umwelt Brandenburg
  • der Bundesanstalt für Gewäserkunde

Das verwendete bio-geo-chemische Modell baut auf folgender Arbeit auf: Soetaert, K., Herman, P. M. J., Middelburg, J. J. (1996), A model of early diagenetic processes from the shelf to abyssal depths; Geochimica Cosmochimica Acta 60(6): 1019-1040. Die Erstautorin, Karline Soetaert (NIOZ Yerseke, NL), gab wichtige Hinweise für die erfolgreiche Anwendung und Weiterentwicklung des Modells.

Die Arbeiten wurden mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert; FKZ 0033W015 AN - GN.

Qualitative Stöchiometriematrix


Die Stöchiometriematrix verknüpft die im Modell abgebildeten Prozesse (Zeilen) mit den simulierten Stoffkonzentrationen (Spalten). Anstelle der Stöchiometriefaktoren sind lediglich deren Vorzeichen, kodiert durch Symbole, angegeben. Es bedeuten:

  Prozess erhöht Konzentration
  Prozess senkt Konzentration
  Vorzeichen ist variabel (abhängig von Konzentrationsgradienten)

Corg DIP IMP NH4+ sorb. NH4+ NO3- O2 ODU
Sedimentation
Mineralisierung (O2)
Mineralisierung (NO3-)
Mineralisierung (anox.)
Nitrifikation
Oxidation durch O2
Oxidation durch NO3-
P-Bindung
P-Remobilisierung
NH4+-Sorption
Advektion (abw.)
Advektion (aufw.)
Diffus. Transport
Diffus. Freiwasser
Bioirrigation

Corg   Abbaubarer organischer Kohlenstoff
DIP   Gelöstes Phosphat im Porenwasser
IMP   Immobiler Phosphor (sorbiert oder als Mineral gefällt)
NH4+   Ammonium im Porenwasser
sorb. NH4+   Sobiertes Ammonium
NO3-   Nitrat im Porenwasser
O2   Gelöster Sauerstoff
ODU   Reduzierte Verbindungen, summarisch erfasst als Sauerstoff-Äquivalente (Oxygen Demand Units)

Simulierte Konzentrationen / Raten für verschiedene NO3- Randbedingungen